Der Rosenkranz und die Heiligen
Das ist das Thema, das mir fŸr
diesen Einkehrtag am Sonntag nach dem Rosenkranzfest gestellt worden ist.
Ich mšchte an den Anfang meiner
AusfŸhrungen das Wort eines verstorbenen deutschen Bischofs setzen, das mir wie
zufŠllig auf einem vergilbten Exemplar des Katholischen Sonntagsblattes, des
Bistumsblattes der Dišzese Rottenburg vom 3. Oktober 1971 in die HŠnde geraten
ist: Es ist ein Brief des verstorbenen Bischof Carl Joseph Leiprecht. Darin
hei§t es:
Liebe BrŸder und
Schwestern !
KŸrzlich
berichtete eine Zeitschrift von einem eigenartigen, unverstŠndlichen,
geradezu skandalšsen Ereignis. Ein Geistlicher, so hie§ es da, habe nach dem
Gottesdienst seine Werktags Gemeinde auf den bei der Kirche liegenden Friedhof
an ein offenes Grab gefŸhrt. Dort habe er die Anwesenden aufgefordert,
ihre RosenkrŠnze in die Gruft zu werfen. Als erster habe er selber das getan
und sein Handeln mit den Worten begrŸndet: Begraben wir den Rosenkranz: er
ist kein zeit-gemЧes Gebet mehr!
Ich bin der
Frage nicht nachgegangen, ob das wirklich geschehen ist. Welch tšrichte,
unerleuchtete, geistlose und ungeistliche Haltung stŸnde jedoch hinter solchem
Tun! Aber — und zu dieser †berlegung fŸhrte mich jener Bericht —
ist es nicht tatsŠchlich so, dass viele von uns ihren Rosenkranz wirklich
begraben, dass sie ihn in die Gruft der Vergessenheit abgelegt haben?
Viele besitzen ihn zwar noch, vielleicht als wohlgehŸtetes Andenken an die
verstorbene Mutter, aber sie nehmen ihn kaum noch in die Hand, um ihn auch
wirklich zu beten.
Zum Beginn des Rosenkranzmonats
Oktober mšchte ich Sie alle aufrufen: Begrabt euren Rosenkranz nicht und
vergesset ihn nicht! Nehmt ihn zur Hand und versucht wenigstens, ihn wieder zu
beten! Mit voller †berzeugung schlie§e ich mich den Worten unseres Heiligen
Vaters an, der erklŠrt hat: ãWenn diese Art zu beten auch nicht eigentlich
liturgisch und offiziell ist, so trŠgt sie doch viele VorzŸge in sich, dass
sie wert ist, auch von der modernen SpiritualitŠt gepflegt zu werden.'
Der Rosenkranz
ist ein kostbares Sondergut der katholischen Christenheit. Darum obliegt
es uns im Besonderen, diese Form der Fršmmigkeit zu verstehen und zu
vollziehen. UnŸberschaubar und unerschšpflich ist es, was durch
Jahrhunderte hindurch bis in unsere Tage herein RŸhmliches Ÿber den Rosenkranz
gesagt und BeglŸckendes aus ihm geschšpft worden ist. Manche freilich verkennen
ihn zunŠchst wegen seiner Einfachheit. Hierin ist er allerdings kaum zu
Ÿbertreffen; gerade daraus aber erwŠchst seine Grš§e und Tiefe.
Sie wissen es:
Die Texte des Rosenkranzgebetes, "Vater-unser" und ãAve MariaÓ,
bilden den Grundstock eines biblisch ausgerichteten Gebetsschatzes. Der
Inhalt des Rosenkranzes ist nicht irgendetwas NebensŠchliches; er ist zentral
und wesentlich. Hier wendet sich der Beter in Gemeinschaft mit der Mutter
Maria dem Herrn Jesus Christus zu. ãSchritt fŸr Schritt, stufenweise, begleiten
wir die Heilige Jungfrau um das wunderbare Mysterium unserer Erlšsung, bis
der Kreis sich schlie§t. Jedes Vaterunser ist gleich einer RaststŠtte, von der
aus wir uns die Zeit nehmen, die Wegfolge vor uns zu betrachten"
(Paul Claudel). Erinnern Sie sich an die Themen beim Rosenkranzgebet. Jedes der
fŸnfzehn GesŠtzlein, die ins Ave Maria eingefŸgt werden, knŸpft an das Wort, an
den Namen Jesus an. Und jedes Mal ist Wichtiges Ÿber ihn ausgesagt und wird uns
nahegelegt, dass wir das betreffende Heilsgeheimnis erkennen und betrachten.
Von der Menschwerdung des Herrn Ÿber den Weg seines Leidens, seiner
Auferstehung. seiner Himmelfahrt und Heimholung seiner Erlšsten ins himmlische
Leben reicht die Glaubenswelt, die wir im Rosenkranz durchmessen. Hier sprechen
wir wahrhaftig ein christliches Credo aus. aufgegliedert in fŸnfzehn ãGlaubensartikelÒ,
die uns des ganzen Reichtums unserer Erlšsung innewerden lassen.
In unserer Zeit,
da die Marienverehrung selbst bei Katholiken nicht mehr jenes
selbstverstŠndliche Heimatrecht hat wie ehedem, hšrt man gelegentlich den
Einwand, das Rosenkranzgebet sei zu wenig christozentrisch; es sei einseitig
marianisch geprŠgt. Lassen Sie mich dazu einen gro§en Theologen unserer Tage,
Hans Urs von Balthasar, zitieren, der folgendes bemerkt: ãAm Kreuz hat der
Sohn seine Mutter in die Kirche der Apostel hinein verfŸgt, dort ist fortan ihr
Platz. Verborgen durchwaltet ihre jungfrŠuliche MŸtterlichkeit den ganzen Raum,
verleiht ihm das Lichte, WŠrmende, Bergende ... Es bedarf keiner
besonderen GebŠrde ihrerseits, damit wir auf den Sohn und nicht auf sie
schauen. Ihre Magdlichkeit offenbart ihnÓ (Klarstellungen. 1971,
Herder-BŸcherei 393).
Keine Sorge: Je
enger sich einer an Maria hŠlt, desto mehr fŸhrt sie ihn zu ihrem Sohne, dem ja
ihr ganzes Leben gilt und dem sie als die gro§e FŸrbitterin unsere Gebete entgegentrŠgt.
Manchen scheint
die Gestalt des Rosenkranzgebets aufs erste so einfach zu sein, dass sie
befŸrchten, sie hŠtten es da mit einer primitiven Sache zu tun. Doch gerade das
Einfache — und nicht das Komplizierte — ist der Weg, auf dem mšglichst
vielen das Gro§e zugŠnglich wird. SchŠtzen wir die einfache Form des Betens
nicht gering, nehmen wir sie vielmehr als Hilfe, um in unserem inneren
Gebetsvollzug vorwŠrtszukommen. Beim Rosenkranzbeten handelt es sich wahrhaftig
nicht um irgendein leeres Daherplappern: da wird vielmehr ãdas Wort zum
Strombett, in welchem das Gebet lŠuft und zur Kraft, die es in Bewegung
hŠltÓ (Romane Guardini).
Gerade die
geordneten Wiederholungen lassen den Rosenkranz in mannigfacher Weise
zu einer praktischen Gebetshilfe werden. Wie manche Stunde wird vertan,
die durch den Rosenkranz sinnvoll verbracht und bereichert werden kšnnte!
Denken Sie nur an eintšnige Fahrten im Auto. in der Stra§enbahn oder im
Eisenbahnabteil. Wie viel vernŸnftiger und inhaltsreicher wŠre es da, mit
seinen Gedanken in der Welt der Offenbarung zu weilen, als Illustrierte
durchzublŠttern oder die Zeit gelangweilt totzuschlagen. Vor allem die
Kranken, die oft lange Nachtstunden keinen Schlaf finden, mšchte ich
bitten, ihren Rosenkranz in die Hand zu nehmen und sich im Blick auf den leidenden
Herrn und auf die Schmerzensmutter in die Hingabe an Gottes Willen einzuŸben.
Gerade in solcher Lage kann ein Gebet nicht einfach genug sein; eine anspruchsvolle
Gebetsform wŠre hier ohnehin fehl am Platz.
Wir beten
Ÿbrigens den Rosenkranz nicht blo§ fŸr uns selbst und in unseren eigenen
Sorgen. Beziehen wir ihn doch ein in den uns alle verpflichtenden Dienst
der Liebe: als FŸrbitte in den verschiedensten Anliegen von Kirche und Welt.
Beten wir ihn fŸr die im Glauben GefŠhrdeten, um den Frieden in den
Familien und LŠndern, fŸr unsere Jugend, um Priester und Ordensfrauen, fŸr die
Kranken, Sterbenden und fŸr jene, die uns durch den Tod vorausgegangen sind.
Meine lieben
Christen! Die Art und Weise, wie einer je nach seiner Verfassung den Rosenkranz
betet, reicht vom bedachten Sprechen der Worte bis hin zur Meditation.
Hier handelt es sich nicht um irgendeine Geheimwissenschaft. In der
Meditation wendet sich der Mensch nach innen. Meditiert der Christ, dann
kreist er jedoch nicht um sich selbst; dann ãsieht er Christus und hšrt sein
Wort. Er begibt sich mit Kopf und Herz. mit Seele und Leib, mit Augen und Ohren
vor das Wort und die Gestalt jenes Jesus von Nazareth. Er sammelt sich
selbst ein und Ÿbergibt sich an den gegenwŠrtigen Christus" (Jšrg Zink,
Wie wir beten kšnnen, Stuttgart, 1970). Gerade in unseren Tagen wird das
ruhevolle, zweckfreie Sichversenken ins Geschšpfliche und Gšttliche wieder
entdeckt als ein wesentlicher Lebensvollzug des ganzen, gesunden Menschen.
In vielfŠltiger, zum Teil auch verschwommener Weise bieten sich Tagungen und
BŸcher an, die anhand irgendeiner Methode in die Kunst der Betrachtung und ãdes
Weges in die TiefeÒ einfŸhren wollen. †berwiegend kommen hier religišse Elemente
und GrundvorgŠnge zu Wort. Wir begrŸ§en dieses Suchen nach Verinnerlichung
unseres sonst auf weite Strecken všllig oberflŠchlich gewordenen Daseins.
Vergessen wir jedoch in diesem Zusammenhang nicht: Der fromme
Rosenkranzbeter hatte den SchlŸssel zur Welt der Meditation schon immer in
der Hand. †berdies wei§ dieser Beter die geborene FŸhrerin zu den SchŠtzen der
Offenbarung Gottes an seiner Seite nŠmlich die Heilige Kirche.
AllmŠhlich
erkennen viele immer deutlicher, dass uns ein nur nach au§en gewendetes,
ein rationalistisch verengtes Leben nicht voranbringt. Suchen wir andere Wege.
Das Rosenkranzgebet kšnnte uns dabei — wie schon so vielen vor uns
— Geleit, Ansporn und Orientierungshilfe sein.
Nun zum eigentlichen Thema ãDer
Rosenkranz und die HeiligenÒ: Man kšnnte da mit der geschichtlich bezeugten
Tatsache beginnen, dass durch beharrliches Beten des Rosenkranzes viele Heilige
nicht blo§ eine besondere Vertiefung ihres Glaubenslebens, sondern sogar die
Vollkommenheit und Heiligkeit erlangt und das ewige GlŸck im Himmel erworben
haben:
Man kšnnte da der Reihe nach
Heilige nennen, die nicht blo§ mit dem Rosenkranz in der Hand oder an ihrem
Habit (Ordenskleid) dargestellt wurden, sondern ihn auch sicher eifrig,
meistens sogar tŠglich gebetet und die darin zur Betrachtung vorgelegten
Heilsgeheimnisse immer wieder Ÿberdacht haben:
Bevor ich einzelne
Rosenkranz-Heilige aufzŠhle und schildere, sei aber doch zuerst an die Kšnigin
der Heiligen, die Rosenkranzkšnigin erinnert, an deren Mutterhand wir die
Geheimnisse des Lebens, Leidens, Sterbens und Auferstehens Jesu Christi Perle
um Perle durchbetrachten sollen beim Beten des Rosenkranzes.
Wenn Maria sich in Fatima
ausdrŸcklich als Kšnigin des Hl. Rosenkranzes bezeichnet hat, so wollte sie
damit vor allem sagen, sie mšchte die Kšnigin der treuen Rosenkranzbeter sein
und sie anfŸhren im Kampf gegen die Feinde der Kirche und der Seelen und im
mutigen Einsatz fŸr den wahren Glauben und die Herzensreinheit.
Viele heilige MŠnner und Frauen
haben sich tatsŠchlich als Ritter der Rosenkranzkšnigin erwiesen: Ich nenne
unter heiligen Kindern die Hl. Bernadette und die Seherkinder von Fatima, dann
den hl. Dominicus Savio; ich nenne unter den heiligen MŠnnern den hl.
Franziskaner MŠrtyrer Maximilian Kolbe, den seligen Jesuiten P. Rupert Mayr und
en seligen Gesellenvater Adolf Kolping und den heiligmЧigen GrŸnder des
Rosenkranz-SŸhnekreuzzugs P. Petrus Pavlicek, um nur ein paar MŠnner
herauszugreifen aus der langen Reihe jener MŠnner, die mit dem Rosenkranz in
der Hand schlachten fŸr das Reich Gottes gewonnen haben. Und unter den heiligen
Frauen wŠren die beiden Kirchenlehrerinnen Caterina von Siena und Teresa von
Avila zu nennen und jene vielen OrdensgrŸnderinnen, die ganz bewusst und mit
Recht mit einem Rosenkranz in der Hand oder an ihrem Habit, am Ordenskleid,
dargestellt werden, weil sie in der
Gefolgschaft der Rosenkranzkšnigin mit dem Rosenkranz Siege errungen haben fŸr
den unverfŠlschten Glauben und fŸr die Herzensreinheit.
Einen heiligmЧigen Mann, den man
den eigentlichen Erfinder des Rosenkranzes nennen kšnnte, mšchte ich noch
besonders herausstellen: den KartŠuser Adolf von Essen.
Der Student Adolf von Essen, ein
Gott suchender junger Mann, musste gegen Ende des 14. Jahrhunderts mitansehen,
wie das christliche Europa durch schwerste Krisen fast tšdlich erschŸttert
wurde: Das gro§e abendlŠndische Schisma brach aus, in welchem zuletzt an der
Spitze der Kirche drei PŠpste gegeneinander standen, und das in einer Zeit, wo
Europa immer mehr vom Islam bedroht wurde. †berdies bekŠmpften sich damals
England und Frankreich bis aufs Blut.
Nicht etwa ein 30jŠhriger, sondern ein 100jŠhriger Krieg tobte zwischen
beiden LŠndern. Dazu kam noch, dass die Pest ganze Landstriche entvšlkerte.
Kann man sich eine katastrophalere, aussichtslosere Situation Ÿberhaupt
vorstellen?
Was tat in dieser Lage der
genannte Student Adolf von Essen? Er spŸrte, dass hier nur noch intensives
Beten helfen kann. Er trat in das KartŠuserkloster in Trier ein und wurde der
gro§e Erfinder und Beter des Rosenkranzes. Er veršffentlichte um das Jahr 1400
nach vielem persšnlichem Beten und Meditieren das BŸchlein mit dem Titel
ãUnserer Lieben Frauen RosengŠrtleinÒ mit dem das Rosenkranzgebet seinen Siegeszug
begann. Es wurde von da an Millionen von Menschen lieb und vertraut. Weder der Einwand,
das Rosenkranzgebet sei langweilig und altmodisch, noch das ZurŸckdrŠngen der
Marienverehrung haben es vermocht dem glŠubigen Volk den Rosenkranz aus den HŠnden
zu rei§en. Wie Adolf von Essen, so erging es seither unzŠhlig vielen Menschen:
das Rosenkranzgebet lŠdt uns ein zum Verweilen in der LebenssphŠre Mariens,
deren Inhalt Christus ist. Dabei stršmt Ruhe und Friede ins Herz und darŸber
hinaus in die Gemeinschaft, in der man lebt und schlie§lich Friede in die ganze
Welt.
Das Rosenkranzgebet muss freilich
– das ist nach Adolf von Essen Grundbedingung – betrachtendes Gebet
sein! Beim rechten Rosenkranzbeten durchbeten wir gewisserma§en die ganze Hl.
Schrift: wir verweilen beim Wort Gottes Es soll uns ganz, bis in das innerste
Herz durchdringen, so wie die feurigen Zungen am Pfingstfest das Innerste der
Apostel durchdrungen haben. Dadurch errangen sie den Sieg Ÿber die eigene
Armseligkeit und Fehlerhaftigkeit und errangen dann den Sieg Ÿber das
Heidentum.
So ist es auch mit dem richtig
gebeteten Rosenkranz. Wer den Rosenkranz richtig betet, spŸrt Gottes Frieden
und wird besser. Es ist keiner so schlecht, dass er nicht gut wird, und es ist
keiner so gut, dass er nicht noch besser wird.
Kardinal Joachim Meisner,
Erzbischof von Kšln, erzŠhlte anlŠsslich der Seligsprechung von Adolf Kolping
in einer Predigt in der Lateranbasilika in Rom am 30. Oktober 1991 folgendes:
ãIch erinnere mich an eine
Begegnung mit einer Gruppe von Wolgadeutschen, die 1975 auf einer
Touristenreise in die damalige DDR auch Erfurt besuchten und dort seit 30
Jahren zum ersten Mal wieder an einem katholischen Gottesdienst teilnahmen.
Nach der Messfeier fragte mich
ein Herr aus dieser Gruppe, die aus der Sowjetunion gekommen war: âWelche
Glaubenswahrheiten mŸssen wir unseren Kindern und Kindeskindern weitergeben,
damit sie das ewige Leben erlangen?Ô Auf meine Antwort: âIch gebe Ihnen einen
Katechismus und ein Neues Testament mitÔ, entgegnete dieser Herr: âReligišse BŸcher
dŸrfen wir gar nicht besitzen, geschweige denn aus dem Ausland einfŸhren.Ô
Daraufhin fragte ich nach, ob sie denn einen Rosenkranz mitnehmen dŸrften. Die
Antwort war klar und erstaunlich zugleich: âDen Rosenkranz kšnnen wir
mitnehmen, die Frauen als Halsschmuck; die MŠnner als Souvenir in der Tasche.
Aber was hat der Rosenkranz mit meiner Frage nach den notwendigsten
Glaubenswahrheiten zu tun?Ô
Darauf durfte ich den Leuten
antworten: âAm Ende des Rosenkranzes hŠngt das Kreuz, das zugleich auch sein
Anfang ist. Daran beten wir das Glaubensbekenntnis, das ist unsere
Glaubenslehre. Der hl. Thomas v. A. sagte einmal: das Kreuz ist das Buch, in
dem zu studieren ich nie ans Ende komme. Dann folgen die ersten drei kleinen
Perlen; hier beten wir um die drei gšttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und
Liebe: das ist unsere Lebenslehre. Dann folgen an dem Ÿbrigen Perlenkranz die Evangelien,
gleichsam in Geheimschrift oder Blindenschrift; sie sind nur mit den HŠnden und
dem Herzen zu ertasten: Im freudenreichen Rosenkranz betrachten wir die Geheimnisse
der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus aus Maria der Jungfrau. Der
schmerzensreiche Rosenkranz lŠsst uns teilnehmen an den Geheimnissen des
Leidens und Sterbens Christi: Im glorreichen Rosenkranz dŸrfen wir die Geheimnisse
von Auferstehung und Vollendung betrachten.Ô Der fragende Christ aus dem damals
noch kommunistischen, atheistischen Russland nahm daraufhin einen Rosenkranz in
Empfang und sagte voll Freude: âDann habe ich den ganzen katholischen Glauben
in einer einzigen Hand.Ô
Ja, er hatte den ganzen Glauben
in einer Hand: Es ist bei uns gang und gŠbe geworden, den Glauben durch den Rei§wolf
unendlicher Diskussionen zu drehen, um ihn zu verkomplizieren und impraktikabel
zu machen. Hier hilft der Rosenkranz aus der Diffusion, der Zerstreuung, in die
Konzentration, in die Sammlung: Der Glaube hat nach dem hl. Paulus werktŠtig zu
sein. Er ist eine sehr handfeste Sache: Man muss darum etwas in der Hand
halten, wenn man im Gebet nach der Hand Gottes greift. Das mŸsste Handwerkern
doch plausibel sein. Der Rosenkranz in seiner Tasche war das Handwerkzeug eines
sehr konkreten Glaubens des Handwerkers und Priesters Adolf Kolping. Der
Rosenkranz ist gleichsam die eiserne Ration unseres Glaubens in Taschenformat.
Der Gesellenvater Adolf Kolping
war ein Rosenkranzbeter, der auch seinen Gesellen den Rosenkranz in die Hand
drŸckte und beibrachte. Wer den Rosenkranz betet und wer ihn immer wieder
betet, empfindet am Ende dasselbe, was den JŸngern auf dem Weg nach Emmaus
wiederfahren ist: âBrannte nicht unser Herz, als Er mit uns redete?Ô Das fŸr
Christus brennende Herz ist die Hoffnung der Welt. DafŸr ist das Leben und Wirken
des Gesellenvaters ein schlagender Beweis. Nicht Theorien verŠndern positiv die
Welt, sondern brennende Herzen. Wenn wir an den Perlen des Rosenkranzes, die durch
unsere Finger gleiten, das Wort des Lebens in uns aufnehmen, dann bringen diese
gšttlichen Samenkšrner ihre Frucht: 30fache, 60fache und 100fache Frucht zum ewigen Leben.
Jede Perle ist wie ein geheimnisvoller Lebenskeim, weil sie uns ins Evangelium
bringt und das Evangelium in unser Leben: Wer ohne Rosenkranz in seinem
ReisegepŠck nach Rom gekommen ist, sollte es mit einem Rosenkranz in der Tasche
wieder verlassen.Ò
Kardinal Meisner fŸgte seiner
Predigt noch das GestŠndnis an: ãTŠglich bete ich persšnlich das Sto§gebet
eines gestandenen Christen des 17. Jahrhunderts nach, des Feldherrn Johann Tilly:
âDen Rosenkranz in meinen HŠnden, auf das Kreuz den letzten Blick, so mšchte
ich mein Leben enden, Mutter, gib mir dieses GlŸck!ÔÒ